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How to Fuck up Agility

Drei Gründe, warum Scrum, Kanban und ein agiles Mindset scheitern.

Agile Arbeitsweisen, wie Scrum und Kanban liegen voll im Trend. Keine Branche wird verschont, kein Flurfunk bleibt still. Und wenn selbst im sperrigen Konzernumfeld und den Behörden unseres Landes agil transformiert wird, lässt sich „agiles Arbeiten“ schon fast in „zeitgemäßes Arbeiten“ umtaufen. Der Trend wird zum State of the Art. Doch der Weg zur agilen Organisation ist langwierig, schmerzhaft und kann an vielen Stellen scheitern.

Die Aussicht auf Hierarchieabbau, selbstorganisierte Teams und Transparenz ist ohne Zweifel verlockend. Die Euphorie kann jedoch auch in Überforderung und Ablehnung münden. Das ist sicher nicht die Regel, aber leider auch keine Ausnahme. Doch was sorgt dafür, dass Scrum, Kanban und ein agiles Mindset scheitern? In diesem Artikel werden die häufigsten Ursachen für das Scheitern von agilem Arbeiten beleuchtet und Wege aufgezeigt, wie der „agile Fuck up“ vermieden werden kann. Eine agile Transformation kann auf drei Ebenen scheitern: Top-Management, Mittleres Management und Team.

01. Scheitern von agilem Arbeiten auf Team-Ebene

Der Hauptgrund für ein Scheitern auf der Teamebene ist die Abwehrreaktion gegen die Transformation, sollte sie von oben herab „auferlegt“ werden. Viel zu oft leuchten die Augen beim oberen Management aus den falschen Gründen. Ich kann mir nicht erklären, woher die „agil=schnell“-Attitüde kommt. Sie hält sich jedoch hartnäckig und führt dazu, das Scrum & Co. als Arbeitsweise vorgegeben, erzwungen und einfach delegiert werden. Wen wundert es da, dass das Team in Abwehrhaltung geht, um sich gegen die Veränderung zu stellen? Ein Change Prozess, wie es bei einer Transormation der Fall ist, funktioniert durch intrinsische Motivation. Gerade im Rahmen agilen Arbeitens ist die Hürde, diese Motivation im Team zu wecken, gering. Ein Tag Workshop mit dem Teamkann initial schon ausreichen, denn die Argumente für agiles Arbeiten leuchten in aller Regel auf Anhieb ein.

02. Mittleres Management

Von außen betrachtet verliert das mittlere Management in einer agilen Arbeitswelt an Macht, Einfluss und Relevanz, was zu Unsicherheit und Widerstand führen kann. Gerade deswegen ist es wichtig zu verstehen, dass das mittlere Management nicht seine Gültigkeit verliert. Im Zuge einer Transormation entstehen neue Rollen und Bereiche, die für den Erfolg einer agilen Transformation eine maßgebliche Rolle spielen.

Einige hierarchische Ebenen werden obsolet, Wissensinseln in die Breite getragen und Servant Leadership (die Führungskraft als Möglichmacher) verlangt ein völlig neues Führungsverständnis – eines auf Augenhöhe. Das mittlere Management hat die Aufgabe, sich neu zu erfinden und Regeln über Board zu werfen, die über Jahre und Jahrzehnte verinnerlicht wurden. Die Angst vor Machtverlust, gepaart mit alten Denkmustern ist eine Bremse auf dem Weg hin zu einer zeitgemäßen, agilen Arbeitsweise. Die Führungskräfte müssen lernen, Ziele klar und transparent zu formulieren und Leitplanken zu definieren, innerhalb der sich die Mitarbeiter selbstorganisiert bewegen können. Wie das Ziel erreicht wird, liegt bei den Mitarbeitern. Es geht darum, auf Augenhöhe mit den Mitarbeitern zu agieren und weniger Chef, mehr Coach zu sein.

Damit das mittlere Management die Suppe nicht versalzt, ist eine Änderung im Mindset notwendig. Sicherlich kann und sollte man auch hier mit Schulungsmaßnahmen arbeiten und den Wandel beschleunigen, die alten Denkmuster werden dadurch allerdings nicht aufgebrochen. Es braucht Zeit und Ausdauer, das Mindset einer bestehende Mitabreiterstruktur zu verändern. Ein Kulturwandel ist keine Frage von Monaten oder Jahren, sondern vielmehr eine von Generationen.


03. Top-Management

Schwierig wird es, wenn sich das Top-Management gegen agiles Arbeiten stellt und den Wandel nicht unterstützt. Hier schlummert wohlmöglich das größte Fuck up-Potential für die Einführung von Scrum, Kanban und agilem Denken und Handeln. Nichts zu machen, wenn der Chef alle seine Schäfchen bei sich hält und ihnen sagt, was sie wie zu tun haben. Wenn es allerdings etwas Freiraum zwischen Board und Team gibt, kann das Team einen eigenen Feldversuch starten. Wer sagt denn, dass eine agile Transformation gleich mit der Keule Unternehmensweit durchgeboxt werden muss? Viele Elemente aus Frameworks wie Scrum und Kanban bewirken keine von außerhalb des Teams erkennbare Veränderung und können als Werkzeuge auch ohne Freigaben und Abstimmungen eingeführt werden (zum Beispiel das Daily Standup Meeting, die Retrospektive oder Aufwandsschätzung mit Planning Poker). Arbeitet das Team im Kleinen, ohne Support und Wissen des Managements agil, besteht außerdem die Chance, einen „Nachahmer-Effekt“ auszulösen: Andere sehen, dass modernes Arbeiten funktioniert und adaptieren das Gesehene. Ein Gravitationseffekt entsteht (mehr über Gravitationsprojekte in diesem Beitrag von unseren Freunden der Strategieberatung „child“).

Betrachtet man die drei Ebenen des Scheiterns einmal von Oben, steht an erster Stelle wohl die Angst, die dem agilen Wandel entgegensteht. Die Angst vor Veränderung, die Angst vor Machtverlust und die Angst vor Transparenz. Der Umgang mit dieser Angst ist ein wichtiger Hebel, der die Reise zu zeitgemäßer Arbeit wesentlich einfacher und angenehmer werden lassen kann, oder das Gegenteil bewirkt.